30/10/2025
In einer Welt, die zunehmend von Nachrichten über Impfungen und Inzidenzzahlen dominiert wird, suchen viele von uns nach einem Anker, einem Rückzugsort, der uns hilft, die aufwühlende Stimmung des Alltags hinter uns zu lassen. Für mich persönlich ist das Gebet in diesem langen, herausfordernden Jahr zu einem unverzichtbaren Begleiter geworden. Es ist eine Praxis, die mir Struktur und Trost spendet, eine Quelle der Ruhe inmitten des Sturms.

Gebete waren mir seit frühester Kindheit vertraut. Ich erinnere mich lebhaft daran, wie meine ältere Schwester, die bereits lesen konnte, abends in ihrem Stockbett über mir laut betete. Sie probierte immer wieder neue Gebete aus, je nachdem, was sie gelernt oder in Büchern entdeckt hatte. So lernte ich zum Beispiel das Gebet von den vierzehn Engeln kennen, die abends, wenn ich schlafen ging, um mich stehen sollten. Es war eine beruhigende Vorstellung, die mich in den Schlaf begleitete. Auch sonntags mittags vor dem Essen war das Gebet bei uns selbstverständlich. Jeder, der sprechen konnte und wollte, sprach das Tischgebet: „Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast und segne, was Du uns bescheret hast.“ In der Kirche, im Kindergottesdienst und sogar zu Beginn und am Ende der Schultage in den ersten Grundschuljahren wurde gebetet. All das lief wie nebenbei, war einfach da und prägte meine Kindheit.
- Das Wachstum in eine christliche Tradition
- Was Jesus über das Beten sagt: Die Lehre vom verborgenen Gebet
- Ein persönliches Gebet: Romano Guardini in eigenen Worten
- Die Stärke vorformulierter Gebete und das Gebet als Seil
- Das mystische Gebet: Dag Hammarskjölds Weg zur Einheit
- Gebetsformen im Vergleich
- Häufig gestellte Fragen zum Gebet
- Fazit: Gebet als lebendige Beziehung
Das Wachstum in eine christliche Tradition
Ich wuchs ganz selbstverständlich in eine christliche Tradition hinein, die in meinen damals noch begrenzten Lebensbezügen allgegenwärtig war. Ich hinterfragte das Gebet nie; ich betete, weil meine Eltern, Großeltern, der Lehrer in der Schule und der Pfarrer in der Kirche es taten. Der Gedanke, mich in eigenen, freien Worten an Gott zu wenden, kam mir damals nicht in den Sinn. Es war auch gar nicht nötig, denn es gab genug feste Gebete in der Familie, die jeden Anlass abdeckten.
Erst in meiner Jugendzeit bemerkte ich, dass es auch ganz andere Erfahrungen mit dem Beten gab. Eine Klassenkameradin nahm mich mit in einen Gebetskreis an unserer Schule, die direkt neben dem Fritzlarer Dom lag. Morgens vor dem Unterricht schloss uns ein freundlicher Kaplan eine Seitentür auf, damit wir in dem noch unbeleuchteten Dom an einem Seitenaltar eine kleine Andacht feiern konnten. Die meisten meiner Mitschüler in diesem Kreis stammten aus freikirchlichen Gemeinschaften. Und sie beteten frei – das überraschte und befremdete mich damals völlig. Meine Mitschüler erzählten Gott alles Mögliche: kleine Freuden und Sorgen, Alltagsdinge. Ich fand das merkwürdig und etwas unangemessen. So war Gott für mich nicht; nicht einer, den man einfach so mit beliebigen Worten ansprechen und behelligen konnte. Trotzdem bin ich in diesem Kreis geblieben und nutzte die Viertelstunde vor der Schule für Stille und Nachdenken, auch wenn ich immer spürte, dass von mir unausgesprochen erwartet wurde, dass ich doch auch mal etwas laut beten könnte. Inzwischen habe ich gelernt, in eigenen Worten zu beten. Aber auch da halte ich eine Nähe zu vorgeprägten Gebeten, auf die ich zurückgreifen kann, wenn mir selbst die Worte fehlen. Da gibt es wohl kein richtig oder falsch. Jeder muss beim Beten seine eigene Sprache finden.
Was Jesus über das Beten sagt: Die Lehre vom verborgenen Gebet
Mir hat dabei geholfen, was Jesus über das Beten gesagt hat. In der Bergpredigt sind dazu einige Sätze überliefert (Mt 6, 5-8), die eine tiefe Einsicht in die Natur des Gebets bieten. Jesus sagt: „Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern an den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, um sich vor den Leuten zu zeigen. Wahrlich ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür ab und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist.“
Diese Worte sind eine klare Aufforderung, unsere Frömmigkeit nicht zur Schau zu stellen. Gebet ist keine öffentliche Vorstellung, sondern eine intime Begegnung mit Gott. Der angemessene Ort, um mit Gott zu reden, ist das stille Kämmerlein, ein Ort des Rückzugs. Genauso halten es auch viele Menschen heute mit dem Beten. Glaube ist für viele etwas sehr Intimes, etwas, worüber man nicht so ohne weiteres spricht. Einen Einblick in die eigene Frömmigkeit gewährt man anderen nicht einfach so. So kommt es fast zu so etwas wie einem heimlichen Christentum unter uns. Manchmal staunt man, wie Menschen ihren Glauben verstehen und wie sie ihn leben, ohne dass es nach außen sofort sichtbar würde. Immer wieder einmal habe ich Situationen erlebt, wo Menschen mir davon erzählt haben, wie wichtig das abendliche Gebet vorm Einschlafen für sie ist. Oft waren das Begegnungen, bei denen ganz klar war, dass wir uns nicht wiedersehen würden – etwa bei einer längeren Bahnfahrt oder einer zufälligen Urlaubsbegegnung. Manche erzählten mir auch, dass sie regelmäßig im Urlaub in Kirchen gehen, um zu beten und, wenn möglich, dort eine Kerze anzuzünden. Ganz anonym. Ganz unverbindlich.
Der zweite Hinweis, den Jesus in der Bergpredigt gibt, betrifft das Verhältnis zu Gott. Gott ist im Verborgenen, sagt er. Wir können zu ihm sprechen, wir können uns auf ihn ausrichten mit unserem Beten. Aber er ist nicht unmittelbar da. Er gibt keine Antworten. Er ist kein Freund direkt neben uns und schon gar kein guter Kumpel. Gott, den wir in unseren Gebeten mit vielen verschiedenen Namen zu fassen versuchen, bleibt für uns verborgen. Das macht es vielen Menschen schwer. Zu wem spreche ich denn? Was ist das für ein Gegenüber, dem ich mein Leben anvertraue? Und wie kann ich sicher sein, dass mein Gebet gehört wird?
Jesus beruhigt uns: Gott weiß, was ihr braucht. Auch wenn ihr ihn nicht sehen könnt, auch wenn ihr keine deutlichen Antworten hört. Er weiß um euch. Er sieht eure Freude und er sieht eure Sorgen. Deshalb müssen wir beim Beten gar nicht viele Worte machen. Im Text der Bergpredigt heißt es etwas drastisch: „plappert nicht wie die Heiden“ (Mt 6,7). Jesus meint damit: Es geht nicht darum, besonders eloquent und gefällig, weitschweifend oder gelehrt zu Gott zu sprechen. Ein einziger Satz, ja ein Wort kann genug sein. Das ist für mich entlastend. Gott versteht selbst die Seufzer aus den Krankenbetten. Er hört, wenn Menschen aus Verzweiflung verstummen, weil ihnen ein lieber Mensch genommen wird. Auch das mühsame Gestammel, wenn Menschen nach vielen Jahren ohne Gott sich in ihrer Not ihm anvertrauen, wird nicht einfach weggewischt und zur Seite geschoben. Gott wartet und hört. Auf die Haltung kommt es an. Auf die innere Haltung des Menschen, der betet: sich seiner Würde und Verantwortung bewusst zu sein und gleichzeitig doch alles, alles von Gott zu erwarten. Und das kann sich in vielerlei Worten ausdrücken.
Ein persönliches Gebet: Romano Guardini in eigenen Worten
Seit vielen Jahren schon begleitet mich ein Gebet, das auf einer Vorlage von Romano Guardini basiert, das ich aber in meine eigene Sprache übersetzt habe. Ich habe eigene Worte gefunden, die für mich stimmig sind und es schon in sehr vielen Andachten mit anderen gebetet. Aber ich habe es auch über viele Jahre hinweg so verinnerlicht, dass ich über die Worte gar nicht mehr nachdenken muss. Sie kommen einfach wie von selbst. Es geht so:
Jeden Tag, Gott, empfange ich mich neu aus deiner Hand.
So ist es und so soll es sein.
Das ist meine Wahrheit und meine Freude.
Du schaust mich an
Und ich lebe aus diesem Blick.
Du mein Schöpfer, du mein Heil.
Lehre mich das Geheimnis zu verstehen, dass ich bin.
Und dass ich bin durch dich
Und von dir und für dich. Amen
Dieses Gebet hat immer wieder eine wunderbare Wirkung auf mich: Es bringt Ordnung in mein Leben und Denken. Es rückt mich zurecht. Schon wenn ich die ersten Worte spreche, weiß und erinnere ich, wem ich mein Leben verdanke und auf wen es zuläuft. Das schützt mich davor, mir einen falschen Platz im Leben anzumaßen. Es hilft mir, meinen Tag nicht im Bewusstsein der eigenen Kraft zu beginnen, sondern in Dankbarkeit für das, was mir im Leben zufällt. Dankbarkeit und Freude darüber, dass es so ist, bestimmen meinen Blick auf die Welt, auf die Menschen um mich herum, auf die Aufgaben, die vor mir liegen. „Jeden Tag empfange ich mich neu aus deiner Hand. Das ist meine Wahrheit und meine Freude.“
Natürlich bleibe ich weiter verantwortlich für alles, was ich tue und wie ich es tue, – was ich sage und wie ich auf andere zugehe. Gott schaut mich dabei an – Ich sehe ihn nicht, er ist im Verborgenen – aber er sieht mich und mein Leben. Durch diesen Blick bin ich auf wunderbare Weise verbunden mit Gott und von ihm gehalten. „Du schaust mich an und ich lebe aus diesem Blick.“ Mein Leben in all seiner Undurchsichtigkeit wird von ihm in den Blick genommen, nicht abschätzig oder urteilend, sondern aufmerksam und offen. Und weil er mich so ansieht, kann ich auch hinsehen auf alle Seiten meines Lebens. Manche davon sind ganz klar und strukturiert. Aber es gibt ab und an auch chaotische Lebensphasen, in denen ich mich selbst nicht verstehe. Vor seinem Blick kann ich mir eingestehen, wie schwer es mir fällt, mich selbst einzuschätzen. Das ist nicht negativ gemeint. Das heißt ja nur, dass ich, dass jeder Einzelne viel mehr ist als das, was man tagtäglich sehen kann. – Erinnerungen und Träume schlummern z. B. in uns, von denen wir oft nichts ahnen. Wir haben Fähigkeiten, zum Guten wie zum Bösen, die wir vielleicht noch gar nicht kennen und nicht nutzen. Unsere Zukunft sehen wir nicht vorher. Wir wissen nicht, was einmal mit uns und durch uns geschehen wird. Kein Mensch geht im Sichtbaren auf. Jeder Mensch ist in diesem Sinn ein Geheimnis. Er geht nicht in dem Sichtbaren auf. Und das ist gut so. Sich mit all seinen bekannten und unbekannten Seiten Gott anzuvertrauen, so wie in diesem Gebet, entlastet davon, sich immer selbst bestimmen und verstehen zu müssen. Es genügt, dass Gott uns jeden Tag neu dieses Leben schenkt. Das Gebet von Romano Guardini ist ein kurzes Gebet und leicht zu lernen. Ich kann es in Gedanken beten oder auch laut sprechen – allein oder gemeinsam mit anderen. Es schließt den Tag auf.
Die Stärke vorformulierter Gebete und das Gebet als Seil
Es ist die besondere Stärke von vorformulierten Gebeten, dass es nicht darauf ankommt, ob ich immer ganz beteiligt bin. Die Worte kommen wie von selbst. Ich muss nicht nachdenken über meine Befindlichkeit, auch nicht, ob ich jetzt gerade Lust, Zeit und Ruhe habe. Ich überlasse mich dem Rhythmus und den Worten, und sie nehmen mich einfach mit. Es gibt viele Gebete, die genauso wirken. Das Vaterunser, das wohl bekannteste Gebet der Christenheit, ist so ein Gebet. Auch Menschen, die schon lange keinen Gottesdienst mehr besucht haben, können oft einfach mitsprechen im Rhythmus der anderen. Andere kennen Luthers Morgen- oder Abendsegen auswendig. Und auch das gute, alte Abendgebet aus der Kinderzeit kann hier ins Spiel kommen, das bei manchen plötzlich wieder da ist wie ein altbekannter Gast, der unangemeldet an die Tür klopft. Wenn es über lange Zeit eingeübt ist, entfaltet es eine besondere Wirkung. Es stellt das Vertrauen her, das ein Mensch braucht, um einfach die Augen zu schließen, die Kontrolle aufzugeben und sich dem Schlaf zu überlassen. Man muss nur wenige Worte sprechen, schon kann das Gebet hinüberleiten in den Schlaf, eingehüllt in Vertrauen. So geht es mir auch mit meinem Gebet. Je öfter ich es spreche, umso mehr Facetten kann ich darin entdecken. Und dabei kommt es nicht darauf an, dass ich innerlich immer ganz beteiligt bin. Manchmal spreche ich nur so vor mich hin. Und trotzdem entfaltet es Kraft. Denn es ist in vielen Jahren zu einem Teil von mir selbst geworden, der etwas wachruft, wenn die Worte erklingen.
Beten heißt: ich lasse mich durch mein Leben begleiten von Worten, die wie ein Seil sind, das mir einer zugeworfen hat. Ich bin davon nicht gefangen. Aber es gibt mir eine Richtung. Mal liegt es nur locker in meiner Hand. Und mal ist es stark und fest gespannt. In Notlagen und Ängsten kann ich mich daran festhalten. Ich kann mich daran weiterhangeln, wenn mir die Schritte schwerfallen, die ich gehen muss. Manchmal spüre ich es auch kaum neben mir, an unbeschwerten, leichten Tagen. Aber ich weiß: ich kann jederzeit anfassen, mich verbinden mit dem, der es am anderen Ende hält und auf mich wartet.

Das mystische Gebet: Dag Hammarskjölds Weg zur Einheit
Eine weitere tiefe Dimension des Gebets offenbart sich in den Worten und der Lebenshaltung von Dag Hammarskjöld, dem ehemaligen Generalsekretär der UNO. Sein Gebet und seine Aphorismen zeugen von einer tiefen mystischen Erfahrung und einem unerschütterlichen Glauben. Er war es, der im UNO-Gebäude einen Meditationsraum einführte, um den Menschen die Möglichkeit zu geben, sich immer wieder auf das Wesentliche zu besinnen. Sein Leben war dem Dienst an der Welt gewidmet, mit dem Traum, sie unter den spirituellen Grundsätzen der Menschheitsethik zu vereinen.
Hammarskjölds Gebet ist eine Reise nach innen, eine Hingabe an das Göttliche und eine Rückkehr zur Welt mit erneuerter Kraft:
Du, der Du über uns bist, Du, der Du einer von uns bist.
Du, der ist - auch in uns: dass alle Dich sehen - auch in mir,
dass ich den Weg bereite für Dich.
Dass ich danke, für alles was mir widerfuhr,
dass ich dabei nicht vergesse, der anderen Not.
Behalte mich in Deiner Liebe, so wie Du willst,
dass andere bleiben in der meinen.
Möchte sich alles in meinem Wesen zu Deiner Ehre wenden,
und möchte ich nie verzweifeln,
denn ich bin in Deiner Hand.
Und alle Kraft und Güte sind in Dir!
Erbarme Dich unser. Erbarme Dich unseres Strebens,
dass wir vor Dir, in Liebe und Glauben,
Gerechtigkeit und Demut Dir folgen mögen.
In Selbstzucht und Treue,
und Mut, und in der Stille Dir begegnen.
Gib uns reinen Geist, damit wir Dich sehen, demütigen Geist, damit wir Dich hören.
Liebenden Geist, damit wir Dir dienen, einen gläubigen Geist, damit wir Dich leben.
Du, den ich nicht kenne, dem ich doch zugehöre.
Du, den ich nicht verstehe, der dennoch mich weihte, meinem Geschick. DU!
Dieses Gebet, das er in seinen Aufzeichnungen „Zeichen am Weg“ festhielt, ist ein Ausdruck tiefster Demut und Hingabe. Es geht um die Bereitschaft, sich von Gott tragen zu lassen, die eigenen Sorgen loszulassen und sich dem innersten Kern des Seins zuzuwenden, wo Gott wohnt. Hammarskjölds Philosophie des Gebets betont die Einheit mit Gott, selbst in der „dunklen Nacht des Glaubens“, wo keine direkten Antworten oder sichtbaren Zeichen zu finden sind. Er schreibt: „Glaube ist Gottes Gottesvereinigung mit der Seele in einer dunklen Nacht! Des Glaubens Nacht – so dunkel, dass wir nicht einmal den Glauben suchen dürfen. Es geschieht in der Getsemanenacht, wenn die letzten Freunde schlafen, alle anderen Deinen Untergang suchen und Gott schweigt, dass die Vereinigung sich vollendet.“
Seine Weisheiten ermutigen uns, das Leben anzunehmen, wie es ist, mit all seinen Herausforderungen und Geheimnissen: „Ja zu Gott: Ja zum Schicksal und Ja zu dir selbst.“ Es ist eine Aufforderung zur Selbstakzeptanz und zum Vertrauen, dass die Seele, auch wenn sie verwundet wird, die Kraft zur Genesung besitzt. Hammarskjöld lehrt uns, dass das größte menschliche Gebet nicht um Sieg, sondern um Frieden bittet. Es geht nicht darum, sich in der Vergangenheit zu verlieren oder in Zukunftsträumen zu schweben, sondern das mystische Erlebnis im Hier und Jetzt zu finden. „Das mystische Erlebnis ist jederzeit: hier und jetzt!“ Und schließlich erinnert er uns an die Notwendigkeit der Selbstzucht, um Milde gegenüber anderen üben zu können: „Du musst streng sein gegen dich selber, um das Recht auf Milde gegen andere zu haben.“
Gebetsformen im Vergleich
Um die Vielfalt des Gebets besser zu verstehen, können wir verschiedene Formen und ihre Merkmale vergleichen:
| Aspekt des Gebets | Gebet in festen Worten (Liturgisch) | Freies Gebet (Spontan) | Mystisches Gebet (Meditativ) |
|---|---|---|---|
| Herkunft | Tradition, Kirchen, Bibel | Persönliche Erfahrung, Gefühl | Tiefe Innenschau, Kontemplation |
| Form | Vorgegeben, gelernt, wiederholt | Spontan, persönlich formuliert | Jenseits der Worte, Stille, Präsenz |
| Wirkung | Struktur, Trost, Vertrautheit, Gemeinschaft | Ausdruck von Gefühlen, Direktheit, Authentizität | Einheit, Sinnfindung, Loslassen, innere Ruhe |
| Herausforderung | Kann sich hohl oder mechanisch anfühlen | Worte finden, Ablenkung, Unsicherheit | Stille ertragen, Hingabe, Ungewissheit |
| Beispiel | Vaterunser, Tischgebet | Persönliche Klage, Dank | Dag Hammarskjölds Gebet, Kontemplation |
Häufig gestellte Fragen zum Gebet
Muss ich bestimmte Worte verwenden, wenn ich bete?
Nein, absolut nicht. Wie Jesus lehrt, geht es nicht um Eloquenz oder viele Worte, sondern um die innere Haltung. Ein einfacher Seufzer, ein Gedanke, ein Wort – all das kann ein Gebet sein. Viele finden Trost in vorgegebenen Gebeten, andere bevorzugen freie Worte. Finden Sie Ihre eigene Sprache und Ihren eigenen Weg.
Hört Gott mein Gebet, auch wenn ich keine Antwort spüre?
Ja. Die biblische Botschaft und die Erfahrungen vieler Gläubiger lehren, dass Gott im Verborgenen ist und dennoch alles weiß. Eine direkte, hörbare Antwort ist selten. Das Hören Gottes geschieht oft durch ein Gefühl von Frieden, eine neue Perspektive, eine unerwartete Hilfe oder einfach das Wissen, dass man nicht allein ist. Vertrauen Sie darauf, dass Gott Ihre Anliegen kennt.
Wo ist der beste Ort zum Beten?
Jesus spricht vom „Kämmerlein“, dem Ort der Stille und des Rückzugs. Das kann ein physischer Raum sein, aber auch ein innerer Zustand der Sammlung. Gebet ist überall möglich: in der Natur, in der Kirche, zu Hause, im Auto. Wichtig ist, dass Sie sich dort ungestört und verbunden fühlen können.
Was, wenn ich mich beim Beten unwohl fühle oder es sich mechanisch anfühlt?
Das ist völlig normal. Gebet ist keine Pflicht, sondern eine Beziehung. Es gibt Tage, an denen die Verbindung schwerfällt. Das ist in Ordnung. Versuchen Sie es einfach weiter. Manchmal hilft es, die Form zu wechseln, eine andere Gebetsart auszuprobieren oder einfach nur in Stille zu verweilen. Es muss nicht immer ein tiefes, emotionales Erlebnis sein, um wirksam zu sein.
Kann Gebet wirklich mein Leben verändern?
Ja, für viele Menschen ist Gebet eine transformative Kraft. Es kann Ordnung ins Denken bringen, Dankbarkeit fördern, Ängste lindern, Vertrauen stärken und eine tiefere Verbindung zu sich selbst und dem Göttlichen herstellen. Es ist ein Prozess, der über die Zeit wirkt und uns hilft, das Leben mit all seinen Facetten anzunehmen und zu gestalten.
Fazit: Gebet als lebendige Beziehung
Ob in den vertrauten Worten der Kindheit, in spontanen Ausrufen der Freude und Not oder in der tiefen Stille mystischer Kontemplation – Gebet ist eine zutiefst persönliche und doch universelle Praxis. Es ist eine Einladung, sich dem Unsichtbaren anzuvertrauen, eine Verbindung aufzunehmen, die trägt und leitet. Wie ein festes Seil in stürmischer See gibt es uns Halt und Richtung, auch wenn wir den Weg nicht immer klar vor uns sehen. Es ist die Gewissheit, dass wir nicht allein sind, dass eine liebende Hand über der unseren liegt und uns auf unserem Lebensweg begleitet. Gebet ist mehr als Worte; es ist eine Haltung, ein Vertrauen und eine ständige Einladung, das Geheimnis unseres Seins in der Beziehung zu Gott zu entdecken und zu leben.
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