14/10/2025
Die Frage nach dem eigentlichen Zweck einer Gemeinschaft ist von grundlegender Bedeutung. Für christliche Gemeinden weltweit ist diese Frage nicht nur eine organisatorische, sondern eine zutiefst theologische und existenzielle. Es geht nicht nur darum, was in einem Gebäude geschieht, sondern darum, was eine Gemeinschaft von Gläubigen im Kern ausmacht und wozu sie berufen ist. Die Antwort darauf findet sich nicht in menschlichen Strategien oder zeitgenössischen Trends, sondern in den ewigen Prinzipien, die Jesus Christus selbst seinen Nachfolgern anvertraut hat.

Jesus fasste die Kernaussage des gesamten Alten Testaments in zwei Geboten zusammen: Gott von ganzem Herzen zu lieben und den Nächsten wie sich selbst zu lieben (Matthäus 22,37-39). Diese beiden Gebote bilden das unerschütterliche Fundament, auf dem jede christliche Gemeinschaft aufbaut. Wenn wir uns fragen, was wir als Gemeinde tun sollen, dann zeigt Jesus auf, dass es im Wesentlichen immer um diese beiden Richtungen geht: die vertikale Beziehung zu Gott und die horizontale Beziehung zum Menschen. In seiner letzten Ansprache an die Jünger, dem sogenannten Missionsbefehl, formulierte Jesus selbst den wesentlichen Auftrag für jeden Christen und jede christliche Gemeinschaft (Matthäus 28,18-20). Aus diesen tiefgreifenden biblischen Wahrheiten leitet sich ein fünffacher Auftrag ab, der das Herzstück des Gemeindelebens bildet und jede Facette des christlichen Miteinanders durchdringt.
Anbetung: Das Herzstück der Existenz
An erster Stelle steht die Anbetung Gottes. Dies ist die primäre und zentrale Aufgabe der Gemeinde, abgeleitet aus dem Gebot „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen“. Die Gemeinde existiert, um Gott anzubeten und zu loben. Anbetung ist weit mehr als nur das Singen von Liedern am Sonntag; sie ist eine Haltung des Herzens, eine Lebensweise, die die Herrlichkeit Gottes in allem anerkennt und feiert. Sie durchtränkt alle anderen Aufgaben der Gemeinde: Alles kommt aus der Anbetung und mündet in der Anbetung. Es ist die Anerkennung seiner Souveränität, seiner unendlichen Liebe, seiner Gnade und seiner Kraft.
Die Bibel bezeugt dies vielfach. Offenbarung 4,11 proklamiert die Würdigkeit Gottes, angebetet zu werden, weil er alles geschaffen hat. Epheser 1,4-6 erinnert uns daran, dass Gott uns von Anfang an erwählt hat, damit wir zum Lob seiner Herrlichkeit leben. Und Epheser 3,20-21 ermutigt uns, dass Gott durch seine Kraft in uns unendlich viel mehr tun kann, als wir bitten oder verstehen, und dass ihm die Ehre sei in der Gemeinde. Wahre Anbetung führt zu einer tiefen Demut und Dankbarkeit, die uns befähigt, die weiteren Aufträge zu erfüllen.
Gemeinschaft: Miteinander im Glauben wachsen
Das zweite Gebot, „den Nächsten lieben wie dich selbst“, rückt den Menschen in den Blickpunkt. Die Suche nach und das Leben in geistlicher Gemeinschaft ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Gemeindelebens. Der Mensch ist nicht dazu geschaffen, allein zu sein, und im Glauben ist dies besonders wahr. Durch die herzliche Gemeinschaft der Gemeinde soll jeder Einzelne für das persönliche Glaubensleben ermutigt und erbaut werden. Es geht darum, einander zu tragen, zu stärken und in Liebe zu ermahnen.
Hebräer 10,24-25 fordert uns auf, nicht das Versammeln aufzugeben, sondern einander anzuspornen zur Liebe und zu guten Werken. Die Apostelgeschichte 2,42 beschreibt eindrucksvoll, wie die ersten Christen in tiefer Gemeinschaft lebten: Sie hielten fest an der Lehre der Apostel, an der Gemeinschaft, am Brotbrechen und an den Gebeten. Diese gegenseitige Fürsorge, ein liebevoller Umgang miteinander und auch die gegenseitige Ermahnung fordern jeden dazu heraus, Gutes zu tun und in der Nachfolge Christi zu wachsen. Eine starke Gemeinschaft bietet Halt, Unterstützung und ein Umfeld, in dem der Glaube gedeihen kann.
Jüngerschaft: Ein Leben als Nachfolger Jesu
Ein Nachfolger Jesu zu werden und andere dazu anzuleiten, ist der dritte wesentliche Auftrag, der sich aus dem Missionsbefehl Christi ableitet. Wiedergeborene Christen sollen durch gezielte Betreuung im Glauben unterwiesen und zur geistlichen Reife geführt werden. Jüngerschaft ist ein lebenslanger Prozess, der über die Bekehrung hinausgeht. Es ist der Weg, auf dem Gläubige lernen, Christus immer ähnlicher zu werden, seine Gebote zu halten und sein Charakter in ihrem Leben sichtbar wird.

Kolosser 1,28-29 spricht davon, wie Paulus jeden Menschen in Christus vollkommen darstellen wollte, indem er lehrte und ermahnte. Und 2. Timotheus 2,2 ermutigt uns, das, was wir von anderen gelernt haben, treuen Menschen weiterzugeben, die fähig sind, auch andere zu lehren. Dieser Prozess des Lehrens, Mentoring und des persönlichen Wachstums im Glauben ist entscheidend für die Stärkung des Einzelnen und damit der gesamten Gemeinde. Jüngerschaft befähigt Gläubige, ein tiefes Verständnis der Bibel zu entwickeln, ihren Glauben im Alltag zu leben und andere auf ihrem Glaubensweg zu begleiten.
Dienst: Gaben entdecken und einsetzen
Einander dienen ist der vierte Auftrag und eine praktische Ausprägung der Nächstenliebe. Reife Christen sollen innerhalb der Gemeinde ihre geistlichen Gaben entdecken und sie verbindlich zum Wohl der Gemeinde und zur Ehre Gottes einsetzen. Die Bibel lehrt, dass jeder Gläubige vom Heiligen Geist Gaben empfangen hat – sei es die Gabe des Lehrens, des Helfens, des Leitens, der Barmherzigkeit oder viele andere. Diese Gaben sind nicht zur Selbstverherrlichung gedacht, sondern zum Aufbau des Leibes Christi.
1. Petrus 4,10 fordert uns auf, einander mit den empfangenen Gaben zu dienen, als gute Haushalter der vielfältigen Gnade Gottes. Epheser 4,11-13 beschreibt, wie Gott bestimmte Dienste (Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer) gegeben hat, um die Heiligen zur Verrichtung des Dienstes zuzurüsten, zum Aufbau des Leibes Christi. Dieser Dienst ist ein sichtbarer Ausdruck der Hingabe an Gott und den Nächsten. Er stärkt die Gemeinschaft von innen heraus und ermöglicht es der Gemeinde, ihre Aufgaben effektiv zu erfüllen. Jeder Beitrag, egal wie klein er erscheinen mag, ist wertvoll und notwendig.
Mission: Christus in die Welt tragen
Der fünfte und letzte Auftrag ist es, Christus unter den Völkern bekannt zu machen. Dienende Mitarbeiter sollen ihren Auftrag in der Welt erkennen und missionarisch tätig werden. Dies ist die direkte Umsetzung des Missionsbefehls Jesu, der seine Jünger aussandte, um alle Völker zu seinen Jüngern zu machen. Mission ist nicht nur etwas für „Profis“ oder für ferne Länder; sie beginnt vor der eigenen Haustür und erstreckt sich bis an die Enden der Erde.
Markus 16,15 befiehlt uns: „Geht hin in alle Welt und predigt das Evangelium der ganzen Schöpfung.“ Apostelgeschichte 1,8 verheißt die Kraft des Heiligen Geistes, um Zeugen zu sein in Jerusalem, in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde. Römer 10,11-18 unterstreicht die Notwendigkeit, das Evangelium zu verkünden, damit Menschen zum Glauben kommen können. Mission ist der ultimative Ausdruck der Liebe zu Gott und zum Nächsten, denn sie zielt darauf ab, dass alle Menschen die rettende Botschaft von Jesus Christus hören und erfahren können. Sie ist der Impuls, der die Gemeinde über sich selbst hinauswachsen lässt und sie in die Welt sendet.
Zusammenfassung der fünf Säulen der Gemeinde
Die fünf genannten Aufgaben – Anbetung, Gemeinschaft, Jüngerschaft, Dienst und Mission – sind keine isolierten Tätigkeiten, sondern bilden ein untrennbares Ganzes. Sie sind die Säulen, die eine lebendige, biblisch fundierte Gemeinde tragen. Die folgende Tabelle fasst die Kernfokusse und die biblischen Grundlagen dieser Aufgaben zusammen:
| Säule des Auftrags | Kernfokus | Biblische Grundlage (Beispiele) |
|---|---|---|
| Anbetung | Gott allein die Ehre geben, ihn loben und verherrlichen | Mt 22,37-38; Offb 4,11; Eph 1,4-6 |
| Gemeinschaft | Geistliche Verbundenheit, gegenseitige Ermutigung und Fürsorge | Mt 22,39; Apg 2,42; Hebr 10,24-25 |
| Jüngerschaft | Persönliches Glaubenswachstum und Anleitung zum Nachfolgen Jesu | Mt 28,19-20; Kol 1,28-29; 2Tim 2,2 |
| Dienst | Entdeckung und Einsatz geistlicher Gaben zum Wohl der Gemeinde und Gottes Ehre | 1Petr 4,10; Eph 4,11-13 |
| Mission | Verbreitung des Evangeliums und Bekanntmachung Christi in der Welt | Mk 16,15; Apg 1,8; Röm 10,11-18 |
Häufig gestellte Fragen
- F: Muss ich als einzelner Christ alle diese Aufgaben erfüllen?
- A: Ja, die Gemeinde ist die Summe ihrer Mitglieder. Jeder Christ ist aufgerufen, in diesen fünf Bereichen zu wachsen und sich einzubringen. Während manche Gaben stärker ausgeprägt sein mögen als andere, ist die grundlegende Haltung der Anbetung, der Suche nach Gemeinschaft, des Lernens, des Dienens und des Zeugnisgebens für jeden Gläubigen essenziell. Es ist ein gemeinsames Streben, bei dem jeder seinen Teil beiträgt.
- F: Wie kann ich anfangen, meine geistlichen Gaben zu entdecken?
- A: Die Entdeckung Ihrer Gaben beginnt oft mit Gebet und der Bitte an Gott, Ihnen Klarheit zu schenken. Probieren Sie verschiedene Dienste innerhalb der Gemeinde aus und beobachten Sie, wo Sie Freude und Erfüllung finden und wo Sie Frucht sehen. Holen Sie Feedback von vertrauenswürdigen Geschwistern im Glauben ein und suchen Sie Mentoring bei reiferen Christen. Oftmals offenbaren sich Gaben im praktischen Dienst an anderen.
- F: Ist Mission nur für ferne Länder relevant?
- A: Nein, Mission beginnt im eigenen Umfeld. Der Missionsbefehl Jesu (Apg 1,8) spricht davon, Zeugen zu sein in Jerusalem (dem eigenen Umfeld), Judäa und Samaria (der weiteren Region) und bis an das Ende der Erde (internationale Mission). Jeder Christ ist ein Botschafter Christi in seinem persönlichen Lebensbereich – in der Familie, am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft.
- F: Was ist, wenn meine Gemeinde nicht alle fünf Punkte gleichermaßen betont?
- A: Jede Gemeinde hat ihre Stärken und Schwerpunkte. Das hier beschriebene Modell ist ein Ideal für eine ausgewogene und biblisch fundierte Gemeinde. Wenn ein Bereich unterbetont wird, können Sie als Einzelner dazu beitragen, diesen Bereich zu stärken, indem Sie sich dort engagieren, beten und Ihre Gaben einsetzen. Ein offener Dialog mit der Gemeindeleitung kann ebenfalls hilfreich sein.
- F: Sind diese Aufgaben nur für Christen relevant?
- A: Diese Aufgaben sind primär für die christliche Gemeinde definiert, da sie aus den biblischen Aufträgen an Gläubige abgeleitet sind. Doch die Auswirkungen dieser Aufgaben – gelebte Liebe, Dienst am Nächsten, die Verbreitung von Hoffnung und die Förderung von Wachstum und Reife – haben positive Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft. Eine gesunde, dienende Gemeinde ist ein Segen für ihre Umgebung, unabhängig von deren Glaubenszugehörigkeit.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der fünffache Auftrag der christlichen Gemeinde – Anbetung, Gemeinschaft, Jüngerschaft, Dienst und Mission – ein ganzheitliches Bild einer lebendigen, dynamischen und biblisch fundierten Gemeinschaft zeichnet. Diese Aufgaben sind untrennbar miteinander verbunden und stärken sich gegenseitig. Sie bilden das Fundament für eine Gemeinde, die nicht nur existiert, sondern gedeiht und einen tiefgreifenden Unterschied in der Welt macht. Für jeden Gläubigen ist es eine Ehre und eine Berufung, Teil dieser Bewegung zu sein und sich an diesen zentralen Aufträgen zu beteiligen. Die Relevanz dieser göttlichen Bestimmung ist zeitlos und entscheidend für die Ausbreitung des Reiches Gottes auf Erden.
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