14/03/2025
Die Evangelien sind das Herzstück des Neuen Testaments und bilden die Grundlage unseres Verständnisses von Jesus Christus, seinem Leben, seinen Lehren, seinem Tod und seiner Auferstehung. Sie sind nicht nur historische Berichte, sondern vielmehr theologische Zeugnisse, die die „frohe Botschaft“ von Gottes Heilsplan verkünden. Doch wie sind diese Schriften strukturiert, welche Besonderheiten weisen sie auf, und wie unterscheiden sie sich voneinander? Dieser Artikel beleuchtet die vier kanonischen Evangelien – Matthäus, Markus, Lukas und Johannes – und bietet einen umfassenden Einblick in ihre Entstehung, ihren Inhalt und ihre einzigartige Perspektive auf das Wirken Jesu.

Was ist der Evangelien-Index und warum ist er wichtig?
Der Begriff Evangelien-Index, oder auch Evangelienharmonie, bezeichnet eine systematische Auflistung und Chronologie der Ereignisse und Lehren Jesu, wie sie in den vier Evangelien beschrieben werden. Der von Ihnen bereitgestellte Index ist ein hervorragendes Beispiel dafür. Er unterteilt das Wirken Jesu in verschiedene Phasen – von den Prologen und Vorbereitungen über Geburt und Kindheit, Jesu Wirken in Judäa und Galiläa bis hin zur letzten Woche in Jerusalem und schließlich seiner Auferstehung und den Erscheinungen.
Ein solcher Index ist von unschätzbarem Wert für das Studium der Bibel. Er ermöglicht es Lesern und Theologen, die Parallelstellen in den verschiedenen Evangelien schnell zu identifizieren und die Erzählungen miteinander zu vergleichen. Dies hilft dabei, ein umfassenderes Bild der Ereignisse zu gewinnen und die spezifischen Schwerpunkte und Perspektiven jedes Evangelisten zu erkennen. Zum Beispiel zeigt der Index, wie die Geburt Jesu in Matthäus und Lukas detailliert beschrieben wird, während Markus und Johannes sich auf andere Aspekte konzentrieren. Er verdeutlicht auch, wie bestimmte Ereignisse, wie die Speisung der 5000, in allen vier Evangelien erwähnt werden, was ihre Bedeutung unterstreicht.
Die vier Evangelien im Überblick: Synoptiker und Johannes
Die christliche Bibel enthält vier kanonische Evangelien: das Evangelium nach Matthäus, das Evangelium nach Markus, das Evangelium nach Lukas und das Evangelium nach Johannes. Das Wort „Evangelium“ stammt vom griechischen Wort „euangelion“ ab, was „gute Nachricht“ oder „frohe Botschaft“ bedeutet. Ursprünglich bezog sich der Begriff auf die mündliche Verkündigung dieser Botschaft, heute umfasst er die schriftlichen Zeugnisse über das Leben und Wirken Jesu.
Die synoptischen Evangelien
Die Evangelien nach Matthäus, Markus und Lukas werden als „synoptische“ Evangelien bezeichnet. Das Wort „synoptisch“ kommt vom griechischen „synopsis“, was „Zusammenschau“ bedeutet. Dies rührt daher, dass diese drei Evangelien in vielen Abschnitten in Wortlaut, Reihenfolge und Inhalt erstaunliche Übereinstimmungen aufweisen. Sie können quasi „nebeneinander“ gelesen werden, um ein umfassendes Bild der Ereignisse zu erhalten. Diese Gemeinsamkeiten sind ein zentrales Thema der biblischen Forschung und haben zur Entwicklung der sogenannten Zweiquellentheorie geführt, die später noch genauer erläutert wird.
Das Johannes-Evangelium
Das Johannes-Evangelium unterscheidet sich deutlich von den drei synoptischen Evangelien. Es enthält viele einzigartige Berichte und theologische Reflexionen, die in den anderen Evangelien nicht zu finden sind. Während die Synoptiker oft Jesu Taten und Gleichnisse in Galiläa betonen, konzentriert sich Johannes stärker auf Jesu lange Reden und theologische Diskussionen in Judäa und Jerusalem. Sein Stil ist tiefgründiger, hymnischer und metaphernreicher, was ihm den Beinamen „pneumatisches Evangelium“ (Evangelium des Geistes) eingebracht hat.

Welches ist das älteste Evangelium?
In der Reihenfolge der Bibel stehen die Evangelien in der Abfolge Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Die historische Forschung ist sich jedoch weitgehend einig, dass das Markusevangelium das älteste der vier Evangelien ist. Es wird oft um das Jahr 70 n. Chr. datiert, während Matthäus und Lukas um 80-90 n. Chr. und Johannes um 90-100 n. Chr. entstanden sein könnten.
Das Matthäus-Evangelium
Der Evangelist Matthäus wird oft mit Matthäus, dem Zöllner aus Kafarnaum und einem der zwölf Apostel, in Verbindung gebracht, obwohl dies umstritten ist. Das Matthäusevangelium richtet sich primär an ein jüdisches Publikum und betont, wie Jesus die alttestamentlichen Prophezeiungen erfüllt. Es beginnt mit dem Stammbaum Jesu, der bis zu Abraham zurückreicht, um Jesu königliche Abstammung und seine Verbindung zum jüdischen Erbe zu unterstreichen.
Ein herausragendes Merkmal des Matthäusevangeliums ist die Bergpredigt (Matthäus 5-7), die eine zentrale Stellung in der christlichen Ethik einnimmt. Sie beinhaltet die berühmten Seligpreisungen, die die göttliche Gerechtigkeit für die Schwachen und Ausgestoßenen verheißen. Die Bergpredigt beginnt mit den nüchternen Worten: „Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf einen Berg. Er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm. Dann begann er zu reden und lehrte sie:“ (Matthäus 5,1-2).
Matthäus schildert auch die Passion, die Leidensgeschichte Jesu, sehr eindringlich. Johann Sebastian Bachs „Matthäus-Passion“ ist ein musikhistorisches Meisterwerk, das diese Erzählung vertont. Der Choral „O Haupt voll Blut und Wunden“ ist ein bekanntes Kirchenlied, das die Tiefe des Leidens Christi widerspiegelt.
Das Markus-Evangelium
Das Markusevangelium ist das kürzeste der vier Evangelien und gilt als das älteste. Der Verfasser wird traditionell mit Johannes Markus identifiziert, einem Begleiter von Paulus und Barnabas. Markus wendet sich in erster Linie an Heidenchristen, also an Gemeindemitglieder, die nicht aus dem jüdischen Umfeld stammten. Es wurde in griechischer Sprache verfasst und berichtet in einfachen, direkten Worten von Jesu Leben, Wirken und seiner Passion.

Eine Schlüsselstelle ist das Messiasbekenntnis des Petrus: „Und Jesus ging samt seinen Jüngern hinweg in die Dörfer bei Cäsarea Philippi. Und auf dem Wege fragte er seine Jünger und sprach zu ihnen: Für wen halten mich die Leute? Da sagten sie zu ihm: Für Johannes den Täufer, andere für Elia, noch andre für einen der Propheten. Und er fragte sie: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Petrus antwortete und sagt zu ihm: Du bist der Christus. Und er gab ihnen strengen Befehl, sie sollten zu niemandem über ihn reden.“ (Markus 8,27-30). Direkt danach kündigt Jesus sein Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung an: „Und er fing an, sie zu lehren, der Menschensohn müsse viel leiden und von den Ältesten und den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen.“ (Markus 8,31).
Das Lukas-Evangelium
Lukas wird traditionell als Arzt und Reisebegleiter des Apostels Paulus identifiziert, obwohl seine Autorenschaft der Apostelgeschichte und seine genaue Beziehung zu Paulus in der Forschung umstritten sind. Das Lukasevangelium ist das umfangreichste der vier Evangelien und richtet sich primär an eine griechisch-hellenistische Leserschaft. Es betont die Universalität der Botschaft Jesu und seine Fürsorge für die Armen, Kranken, Ausgestoßenen und Frauen.
Ein großer Teil des Lukasevangeliums wird als „Lukanisches Sondergut“ bezeichnet, da diese Texte nur hier zu finden sind. Dazu gehört auch das berühmte Gleichnis vom barmherzigen Samariter, das die tätige Nächstenliebe symbolisiert: „Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und wurde von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn aus und schlugen ihn nieder; dann gingen sie weg und ließen ihn halbtot liegen. Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab; er sah ihn und ging weiter. Auch ein Levit kam zu der Stelle; er sah ihn und ging weiter. Dann kam ein Mann aus Samarien, der auf der Reise war. Als er ihn sah, hatte er Mitleid, ging zu ihm hin, goß Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie. Dann hob er ihn auf sein Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und sorgte für ihn.“ (Lukas 10,30-34). Dieses Gleichnis fordert dazu auf, über ethnische und soziale Grenzen hinweg Liebe zu zeigen.
Das Johannes-Evangelium
Das Johannes-Evangelium ist das jüngste der kanonischen Evangelien und unterscheidet sich am stärksten von den Synoptikern. Über seinen Autor gibt es zwei Haupttheorien: die traditionelle Ansicht, dass es der Apostel Johannes, der „Lieblingsjünger“ Jesu, verfasst hat, oder die Hypothese, dass ein „Presbyter Johannes“ dafür verantwortlich war, und dass die endgültige Fassung um das Ende des 1. Jahrhunderts entstand. Unabhängig vom genauen Autor ist das Johannesevangelium durch eine tiefe theologische Reflexion und eine reiche, metaphorische Sprache gekennzeichnet.
Der berühmte Prolog des Johannes-Evangeliums hebt die Schrift auf eine besondere Stufe und ist eine der bekanntesten Stellen der Bibel: „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ (Johannes 1,1). Dieser Prolog stellt Jesus als das präexistente Wort Gottes dar, das Fleisch wurde und unter den Menschen wohnte. Johannes betont Jesu Göttlichkeit und seine einzigartige Beziehung zum Vater. Es enthält auch wichtige Passagen wie die „Ich bin“-Worte Jesu (z.B. „Ich bin das Brot des Lebens“, „Ich bin das Licht der Welt“), die seine Identität und seinen Anspruch untermauern.
Vergleich der Evangelien: Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Die Beziehungen zwischen den Evangelien sind komplex und faszinierend. Während die synoptischen Evangelien viele Gemeinsamkeiten aufweisen, verfolgt Johannes einen einzigartigen Ansatz. Die biblische Forschung hat verschiedene Modelle entwickelt, um diese Beziehungen zu erklären.

Die Zweiquellentheorie
Die am weitesten verbreitete Erklärung für die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Matthäus, Markus und Lukas ist die Zweiquellentheorie. Diese Theorie besagt, dass das Markusevangelium die primäre Quelle für Matthäus und Lukas war. Das bedeutet, dass Matthäus und Lukas große Teile des Markusevangeliums in ihre eigenen Berichte übernommen und bearbeitet haben.
Darüber hinaus nehmen Forscher an, dass es eine zweite, nicht erhaltene Quelle gab, die sogenannte „Q-Quelle“ (von „Quelle“ oder „Logienquelle“ – „Logos“ ist das griechische Wort für „Wort“). Diese Q-Quelle soll hauptsächlich Worte und Reden Jesu enthalten haben, die Matthäus und Lukas gemeinsam haben, aber nicht in Markus vorkommen (z.B. große Teile der Bergpredigt und der Feldrede). Neben Markus und Q hatten Matthäus und Lukas auch Zugang zu eigenen, einzigartigen Überlieferungen, die als ihr „Sondergut“ (S(Mt) und S(Lk)) bezeichnet werden.
Die folgende Tabelle fasst die Merkmale der vier Evangelien zusammen:
| Evangelium | Historische Entstehung | Kapitel | Verse | Hauptfokus / Beginn | Zielgruppe | Besonderheiten |
|---|---|---|---|---|---|---|
| Markus | Ca. 70 n. Chr. (Ältestes) | 16 | 661 | Johannes der Täufer, Jesu öffentliches Wirken in Galiläa | Heidenchristen (Römer) | Kürzestes, schnelllebiger Stil, "Messiasgeheimnis" |
| Matthäus | Ca. 80 n. Chr. | 28 | 1068 | Stammbaum Jesu (von Abraham), Geburt Jesu | Strenggläubige Juden | Bergpredigt, Erfüllung alttestamentlicher Prophezeiungen |
| Lukas | Ca. 90 n. Chr. | 24 | 1149 | Verheißung der Geburt des Täufers, Kindheitsgeschichte Jesu | Griechische/Hellenistische Welt (Heidenchristen) | Umfangreichstes, "Lukanisches Sondergut" (z.B. Barmherziger Samariter), Betonung der Armen und Frauen |
| Johannes | Ca. 100 n. Chr. (Jüngstes) | 21 | 879 | Prolog ("Am Anfang war das Wort"), öffentliches Wirken Jesu in Judäa | Breites Publikum, Vertiefung des Glaubens | Theologisch tiefgründig, metaphorisch, "Ich bin"-Worte Jesu, einzigartige Wunder und Reden |
Johannes im Kontrast zu den Synoptikern
Das Johannesevangelium unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von den Synoptikern. Es beginnt nicht mit Jesu Geburt oder Taufe, sondern mit einem tiefgründigen Prolog, der Jesu präexistente Göttlichkeit betont. Johannes konzentriert sich auf eine Reihe von Wundern, die er als „Zeichen“ bezeichnet, und auf lange theologische Dialoge Jesu, die oft seine Identität und seinen göttlichen Anspruch offenbaren. Die Chronologie der Ereignisse weicht ebenfalls ab; so beschreibt Johannes beispielsweise mehrere Passahfeste während Jesu Wirken, während die Synoptiker sich auf ein einziges konzentrieren. Dies deutet darauf hin, dass Johannes möglicherweise eine andere theologische Agenda verfolgte oder eine andere Tradition nutzte, um seine Botschaft zu vermitteln.
Häufig gestellte Fragen zu den Evangelien
Wofür dient der Evangelien-Index?
Der Evangelien-Index dient dazu, die Parallelstellen in den vier Evangelien zu identifizieren und die Ereignisse im Leben Jesu chronologisch zu ordnen. Er hilft, ein umfassendes Bild von Jesu Wirken zu erhalten und die Unterschiede in den Darstellungen der einzelnen Evangelisten zu erkennen.
Wie viele Evangelienbücher sind im Neuen Testament enthalten?
Im Neuen Testament der Bibel sind vier Evangelienbücher enthalten: Matthäus, Markus, Lukas und Johannes.

Was bedeutet „Evangelium“?
Das Wort „Evangelium“ stammt aus dem Griechischen („euangelion“) und bedeutet „frohe Botschaft“ oder „gute Nachricht“. Es bezeichnet die Verkündigung der Heilsbotschaft von Jesus Christus.
Was sind die synoptischen Evangelien?
Die Evangelien nach Matthäus, Markus und Lukas werden als „synoptische“ Evangelien bezeichnet, weil sie in vielen Abschnitten in Wortlaut, Reihenfolge und Inhalt große Übereinstimmungen aufweisen und daher „zusammengeschaut“ werden können.
Warum ist das Johannes-Evangelium anders?
Das Johannes-Evangelium unterscheidet sich von den synoptischen Evangelien durch seinen theologisch tieferen Charakter, seine einzigartigen Berichte und Reden Jesu, seine metaphorische Sprache und seine Betonung der Göttlichkeit Jesu. Es wird angenommen, dass es später entstanden ist und eine andere theologische Perspektive bietet.
Was ist die Zweiquellentheorie?
Die Zweiquellentheorie ist eine Hypothese in der biblischen Forschung, die erklärt, wie die synoptischen Evangelien entstanden sind. Sie besagt, dass Matthäus und Lukas das Markusevangelium und eine hypothetische, nicht erhaltene „Q-Quelle“ (Logienquelle) als Hauptquellen nutzten, zusätzlich zu ihrem jeweiligen „Sondergut“.
Fazit
Die vier Evangelien sind unschätzbare Zeugnisse des Lebens und Wirkens Jesu Christi. Während die synoptischen Evangelien – Matthäus, Markus und Lukas – eine ähnliche Perspektive bieten und durch die Zweiquellentheorie miteinander verbunden sind, bietet das Johannes-Evangelium eine einzigartige theologische Tiefe. Ein Evangelien-Index hilft dabei, die Fülle der Berichte zu navigieren und die Harmonie sowie die individuellen Nuancen jeder Schrift zu erkennen. Indem wir diese Texte studieren, gewinnen wir ein umfassenderes Verständnis der frohen Botschaft, die das Fundament des christlichen Glaubens bildet und Menschen seit Jahrtausenden inspiriert.
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